Die meisten der in Helsinki ankommenden Kreuzfahrtschiffe liegen am Anleger Hernesaari. Das deswegen, weil die größeren meistens nicht an die Kais im Stadtzentrum passen. Wer also mit TUI/Mein Schiff oder Aida ankommt, der liegt entweder an Hernesaari A, B, C oder D. Leider dauert der Spaziergang zum Zentrum mit den öffentlichen Verkehrsmitteln circa eine halbe Stunde. Dann nimmt man die Straßenbahn 6 von der Endhaltestelle Eiranranta. Man steigt entweder vorm Kaufhaus Stockmann (war der richtige Stop für das Hard Rock Café, das leider mittelweile seit Beginn 2023 geschlossen ist), oder am Hauptbahnhof (richtiger Stop z.B. für die Zentrumsbibliothek oder die Nationale Gemäldegallerie Ateneum) oder noch eine Haltstelle später bei Kaisaniemenkatu (richtiger Stop, um zum Senatsplatz und zum Marktplatz zu kommen).

Wer laufen will, der braucht 45 Minuten von Hernesaari bis zum Senatsplatz. Das ist schön für diejenigen, die sich für Jugendstil interessieren – dann den Weg direkt durch die Stadtteile Eira, Punavuori und Kaartinkaupunki nehmen. Naturfreunde gehen am Ufer der Ostsee entlang und brauchen dann circa eine Stunde. Eine sehr schöne Stunde. Man geht durch den Park Kaivopuisto und genießt die Aussicht aufs Meer, Richtung Festungsinsel Suomenlinna (die Insel mit dem Kirch-/Leuchtturm drauf).
Was aber, wenn man überhaupt keine Lust mehr hat, nach einem Ausflug am Vormittag nochmals in die Stadt zu wandern? Oder man ist Künstler*in an Bord, schläft gerne lange aus und hat nur zwei oder drei Stunden zwischendurch Zeit? Das Schiff legt z.B. um 17 oder 18 Uhr ab und man hat Lust, trotzdem noch was zu unternehmen? Möglichst so, dass das Schiff immer im Blick bleibt?


Dafür habe ich den Supertipp Löyly (wird Löülü ausgesprochen, ein y im Finnischen ist wie ein ü im Deutschen). Aufmerksame Blogleser kennen das Wort schon aus meinem Blog über unübersetzbare Wörter im Finnischen, es bezeichnet den Sauna-Aufguss – und ausschließlich diesen, siehe https://claudiashelsinki.com/2019/11/02/unueber-setzbare-woerter/.
Löyly liegt nur circa 10 Minuten Fußweg ganz in der Nähe von der Straßenbahnhaltestelle der Linie 6 entfernt, direkt auf dem Weg Richtung Stadt. Man muss also so und so diese Richtung einschlagen, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
Löyly ist eine original finnische Saunaanlage mit insgesamt drei Saunen. Es gibt eine Rauchsauna – übrigens die einzige für die Öffentlichkeit frei zugängliche Rauchsauna auf dem Stadtgebiet Helsinkis – (siehe mein Blog: https://claudiashelsinki.com/2018/12/14/rauchsauna-nach-kainuu-art/) und zwei mit Holz beheizte Saunen, eine, die andauernd heizt (jatkuvalämmitteinen) und eine weitere, die man anheizt und dann abkühlen lässt (kertalämmittäinen). Hier herrscht Badekleidungspflicht, weil alle Saunen für beide Geschlechter geöffnet sind. Von der Sauna kann man über eine Treppe in die Ostsee schwimmen gehen, die meiste Zeit des Jahres eine erfrischende Angelegenheit.

Für kleinere Gruppen gibt es auch die Möglichkeit, einen Konferenzraum für bis zu 12 Personen zu mieten, dann kann man die Privatsauna nutzen.
Initiatoren und Betreiber der Anlage sind der finnische Schauspieler Jasper Pääkkönen und der grüne Parlamentsabgeordnete Antero Vartia. Jasper Pääkkönen spielte übrigens schon im mehreren Produktionen von Spike Lee mit, er verkörpert Felix Kendrickson, ein Mitglied des Ku Klux Klans, im Film BlacKkKlansman und ist dabei in der Netflixproduktion Da 5 Bloods. Als Spike Lee 2018 zu Besuch war beim Helsinkier Filmfestival Rakkautta ja Anarkkia (Liebe und Anarchie), wurde er natürlich von Jasper zum Saunieren eingeladen und lernte bei der Gelegenheit auch, dass Sauna ein finnisches Wort ist.
Das futuristische Holzgebäude wurde vom Time Magazine aufgenommen in die Liste der „100 Greatest Places“. Das Holz des Gebäudes wird mit der Zeit eine graue Farbe annehmen, so dass es kaum zu unterscheiden sein wird von einem grauen Felsen, wie sie typisch für diese Region sind.

Zu den Saunen gehört auch ein Restaurant mit einer Terrasse Richtung Ostsee, auch eine Aussichtsplattform auf dem Gebäude. Im Restaurant hat man von so gut wie allen Sitzplätzen eine Aussicht aufs Meer. Für die Architektur zeichnete verantwortlich das Büro Avanto, die Inneneinrichtung stammt aus der Feder von Joanna Laajisto mit ihrem Creative Studio. Das Restaurant bietet vom Frühstück bis zum Abendessen alles. Und wenn man Glück hat, gibt es sogar Live-Musik.
Die Unternehmer hinter dem Projekt haben dafür gesorgt, dass grüne Werte von Anfang an das Projekt begleiteten und weiter ausschlaggebend sind. Alle verwendeten Hölzer sind FSC-zertifiziert. Das Restaurant serviert Biogerichte und ausschließlich nachhaltig gefangenen Fisch. Die verwendete Elektrizität stammt aus Windkraftanlagen.
Das Gebäude steht seit 2016 und die Saunen sind jeden Tag zwischen 11 und 20 Uhr geöffnet. Für 19 Euro kann man zwei Stunden alle drei Saunen ausprobieren, Handtuch, ein spezielles „Untersetzhandtuch“ für den Allerwertesten, Shampoo und Duschgel sind inklusive. Zusätzliche Stunden kosten jeweils 10 Euro.

Adresse ist Hernesaarenranta 4, 00150 Helsinki. Informationen auf Englisch findet man man unter https://www.loylyhelsinki.fi/
Und natürlich lohnt sich das Ganze auch, wenn man nicht mit dem Kreuzfahrtschiff in Hernesaari anlegt sondern auf einem anderen Weg in Helsinki ankommt. Ich habe dieses Jahr das erste Anlegen eines Kreuzfahrtschiffs nach eineinhalb Jahren Pause im August mit einem Saunabesuch bei Löyly gefeiert, nachdem ich meinen Gästen der M/S Artania Helsinki per Bus und per Schiff näher gebracht hatte.