Die schnelle Antwort: mit fleißigen Frauen, weniger Urlaub und alten Autos. Aber hier die Details, bitteschön:
Zunächst die Einkommensseite: Pro Haushaltseinheit gibt es in Finnland mehr Verdiener, weil fast alle Frauen arbeiten. Und weil im Haushalt das meiste Geld ausgegeben wird, schafft man die Balance dann mit vereinten Kräften.
Dann die Ausgabenseite:
Finnische Autos sind älter: eine Statistik aus dem Jahre 2011 zeigt, dass damals das Durchschnittsalter der finnischen Autos 12,3 Jahre betrug, von allen untersuchten Ländern (Auswahl der EU-Länder) waren nur die estnischen Autos mit 14 Jahren noch älter. Das deutsche Auto war 8,5 Jahre alt, also fast vier Jahre oder circa ein Drittel jünger. Die jüngsten Autos gab es übrigens in Österreich, mit 7,7 Jahren Durchschnittsalter. Jeder kann sich jetzt ausrechnen, was es im eigenen Budget ausmacht, wenn man den Wagen entweder alle acht oder alle zwölf Jahre austauscht. 2017 waren die Durchschnittskosten der Anschaffung eines Wagens in Finnland 33.988 Euro, in Deutschland waren es 33.035 Euro. Muss man dieses innerhalb von 8,5 Jahren finanzieren, dann betragen alleine diese Kosten pro Monat 324 Euro, in Finnland sind es dagegen 236 Euro.
Darüber hinaus kauft der Durchschnittsfinne sehr oft ein Gebrauchtauto (auch gerne mal aus Deutschland), statt sich einen Neuwagen anzuschaffen.
In Helsinki mit dem Bus unterwegs, kommentierten Gäste, dass sie hier nur neue Autos gesehen hätte und keine Rostlauben. Daraufhin habe ich geantwortet, dass wir es bei Helsinki mit dem reichsten Teil des Landes zu tun haben, daher gibt es hier auch die neuesten Autos – warten Sie ab, wenn Sie in Ostfinnland oder in Lappland unterwegs sind.
In Finnland gibt es dann auch noch viele Familien ohne Auto, besonders im Hauptstadtbereich, und weniger Familien mit zwei Autos. So hat Deutschland auf 1000 Einwohner 573 Autos, in Finnland sind es 472 (https://www.welt-in-zahlen.de). Das bei viel weiteren Distanzen – Deutschland und Finnland sind flächenmäßig fast gleich groß, jedoch Finnland wesentlich weniger dicht besiedelt (16 Einwohner pro Quadratkilometer versus 232).
Außerdem geben Finnen im Durchschnitt weniger aus, für fast alles. So ganz speziell auch für den Urlaub.
So gibt der Deutsche für Pauschalreisen 3,8 Prozent seines Budgets aus und ist damit europäischer Spitzenreiter. Im Durchschnitt gibt der EU-Bürger nur 1,7 Prozent seines Budgets für Pauschalreisen aus (https://www.iwkoeln.de/studien/iw-kurzberichte/beitrag/galina-kolev-ausgabenstruktur-der-privaten-haushalte-im-eu-vergleich-373327.html). Eine weitere Umfrage hat (https://www.ferratum.fi/blog/suomalaiset-keskivertoa-saastavaisempia-lomalla) ergeben, dass Deutsche 71% eines Monatsverdiensts für Ausgaben im Zusammenhang mit dem Sommerurlaub ausgeben, die Finnen liegen bei nur 35% eines Monatsverdiensts.
Der Urlaub im eigenen Land ist wesentlich beliebter in Finnland, alleine auch wegen der Menge der Sommerhäuschen, dazu siehe auch mein Blog über die beliebten Mökkis: Mökki – der Rückzugsort für die finnische Seele

Eines von 502900 Mökkis
Es könnte natürlich auch sein, dass einige der Ausgaben, die man im Sommerhäuschen tätigt, nicht so sehr als Urlaubsausgaben gesehen werden, sondern auch als Investitionen in eine Immobilie, die z.B. an die Kinder weitervererbt werden kann.
Wenn wir uns den Ausgabenposten Kleidung und Schuhe anschauen, so gibt der Durchschnittsdeutsche €855 Euro pro Jahr dafür aus, ganz entgegen jedem Vorurteil die Franzosen nur €668, Spitzenreiter sind die modebewussten Italiener mit €1.061 (https://www.thelocal.fr/20180105/french-spend-far-less-than-other-europeans-on-their-wardrobe). Der Durchschnittsfinne gibt nur 860 Euro für Kleidung im Jahr aus, und das, obwohl das Klima es zwei Drittel des Jahres erforderlich macht, dickere und mehr Kleidung zu tragen. Stiefel und Halbschuhe sind auch teurer als Sandalen, Kopfbedeckungen braucht man länger als die Hälfte des Jahres (https://www.stjm.fi/uutiset/suomalainen-kayttaa-vaatteisiin-860-euroa-vuodessa/).
Wer schon einmal hier Urlaub gemacht hat, wird wissen, dass die Kosten für Alkohol sehr hoch sind. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, haben die Finnen insbesondere in Südfinnland und der Hauptstadtregion eine spezielle Lösung gefunden, und diese heißt “Tallinn”, dazu siehe auch mein Blog Talsinki?! Oder: Warum Helsinki 2017 beliebtester Passagierhafen in Europa wurde Vor größeren Festivitäten fährt man mit der Fähre nach Tallinn und deckt sich ein. Also Vodkafahrten statt Butterfahrten. Der Preis für das Ticket hat sich meistens schon bei einer Flasche Champagner rentiert gemacht. In Tallinn nimmt man dann auch verschiedene Dienstleistungen in Anspruch, die sich viele Normalverdiener zuhause nicht leisten können, so geht man zum Friseur, zur Pediküre oder zur Massage.
Dann noch ein paar Worte zu Gesundheitsleistungen, die in Deutschland sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Im öffentlichen finnischen Gesundheitssystem gibt es solche Leistungen nicht, weil man davon ausgeht, dass eine Leistung entweder medizinisch und gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist – und dann bezahlt wird – oder eben nicht. Wenn nicht, dann muss man selbst auf die Idee kommen, dass man sie braucht und auch privat bezahlen, aber dann bei einem privaten Arzt, dessen Rechnung man (fast) komplett selbst bezahlt (außer, man hat eine Versicherung für diesen Fall). Mit “fast” ist gemeint, dass ich zum Beispiel beim Besuch eines Facharztes circa 15 Euro zurückerstattet erhalte, den Rest muss ich selbst tragen. Sonderklasseversicherungen, also alle Art von Versicherungen, bei denen durch eine Zuzahlung eine bessere Betreuung, z.B. Chefarztbetreuung, im Krankenhaus möglich wird, wurden vor Jahren von den finnischen Gerichten als illegal eingestuft und verboten. Also kann man dann auch kein Geld dafür ausgeben.
Zum Schluss noch ein paar persönliche Bemerkungen, die ich mit keiner offiziellen Statistik untermauern kann, sondern die eher auf dem beruhen, was ich in meinem finnischen Bekannten- und Freundeskreis erlebe. Im Vergleich zu Mitteleuropa trifft man sich hier wesentlich mehr zuhause bei irgendwem. Da Restaurants sehr teuer sind, trifft man sich reihum und kocht füreinander. Auch kenne ich keine wirklichen Stammtische, bei regelmäßigen Bierchen im Wirtshaus wäre das Konto hier bald leer.
Und doch gibt es einen Bereich, für den Finnen wesentlich mehr Geld ausgeben als Deutsche: die Anschaffung einer eigenen Immobilie. Sie steht ganz hoch auf der Prioritätenliste hier, knapp 70% der Bevölkerung lebt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus. Dieses wird als sinnvoll angesehen, wenn man in Zeiten von sinkenden Renten noch den Kopf über Wasser halten will.
Unterm Strich gilt aber: Es gibt nun mal leider keine Zauberrezepte, entweder man erweitert das, was an verfügbarem Einkommen hereinkommt oder man verringert seine Ausgaben.
Interessante Recherche und danke für die weiterführenden Links. Die Fragestellung kenne ich nur allzu gut…
Grüße aus Griechenland