Finnlands praktischte Erfindung aller Zeiten: Der Abtropfschrank

Über so gut wie jeder finnischen Spüle findet er sich: Der praktische Abtropfschrank. Man stellt die abgewaschenen Sachen also nicht auf die Seite, sondern öffnet den Schrank über der Spüle, wo sich mehrere aus Gittern bestehende Regalbretter übereinander befinden.

Dort gibt man die Teller und Tassen rein und lässt sie einfach trocknen.

Bei der Sache hilft natürlich, dass die durchschnittliche Wasserhärte in Finnland weich bis sehr weich ist, in Helsinki sind es zum Beispiel zwischen 2,7 und 4,5 °dH, in Deutschland sind es 16 °dH.

Daher gibt es keine Kalkflecken auf Besteck und Geschirr. Und man braucht keine Enthärter, weder für Geschirrspüler noch für die Waschmaschine. Wer einmal seine lange Haare mit finnischem Wasser gewaschen hat, der will kein anderes Wasser mehr an seine Haare ran lassen.

Und wer hat’s erfunden?

Nein, nicht die Schweizer! Eine Hauswirtschaftslehrerin namens Maiju Gebhard (* 15. September 1896 in Helsinki, † 18. Juli 1986 ebenda). Sie war es leid, mit dem abgewaschenen Geschirr sogar den Esstisch blockieren zu müssen, weil viele Spülen zu ihrer Zeit keine Ablagflächen vorsahen.

„Bei der Wahl der „größten Finnen“ erreichte Gebhart den 94. Rang.

Das Patent auf den Geschirrabtropfschrank erwarb das Unternehmen Enso-Gutzeit Oy, das 1948 mit der serienmäßigen Fertigung begann. Seit 1954 wird für die Abtropfgitter statt Holz dicker kunststoffüberzogener Stahldraht verbaut.

Das Onlinemagazin ChangeX bezeichnete den Abtropfschrank als eine der 100 wichtigsten sozialen Innovationen aus Finnland.[1] Ähnliche Systeme sind auch in Italien (Scolapiatti) und Spanien (Escurreplatos) verbreitet.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Geschirrabtropfschrank) Auf Internetforen habe ich gelesen, dass Ikea nur in Finnland und in Schweden diese Art von Schrank im Angebot hat (bitte korrigiert mich, wenn sich das geändert hat!).

Die beste Spülbürste der Welt

Das Geschirr wird dann übrigens immer mit einer Bürste gereinigt, nicht mit einem Schwamm. Das hat viele Vorteile. Zum einen kommen die Hände nicht so sehr in Berührung mit dem Spülmittel, und die Bürste ist wesentlich hygienischer, weil sie schneller trocknet und auch viel einfacher gereinigt werden kann. Beachte auch die Form der Bürste: mit dieser Bürste (siehe Foto) kommst du auch in Ritzen, während die meisten mitteleuropäischen Bürstenmodelle keinen so großen Radius haben. Es gibt sogar prominente Fans finnischer Spülbürsten. In einem Interview äußerte sich Kiri te Kanawa, dass sie bei Konzerten in Finnland immer ihre Vorräte an finnischen Spülbürsten auffüllen würde. Der bekannteste Hersteller Sini (https://sinituote.fi/) bietet seit mehreren Jahren auch Modelle mit einem austauschbaren Kopf an, so dass man nach Abnutzung der Bürste nur den Kopf austauschen braucht und nicht die gesamte Bürste. Seit neuestem gibt es auch Modelle aus wiederverwerteten Kunststoff. Und außerdem Modelle mit Borsten verschiedener Härte, so dass man eine mit festeren Borsten für zum Beispiel Pfannen und eine für Gläser bereithalten kann.

Leider werde ich (noch nicht) von Sini gesponsort… bin aber absoluter Fan von deren Produkten.

Überhaupt zeichnet sich der finnische Haushalt durch Pragmatismus und Zeiteinsparnis aus. Auf den „skandinavischen Eingriff“ werde ich noch in einem weiteren Blog eingehen. Da in Skandinavien seit Jahrzehnten Frauen voll arbeiten, und auch Männer (in der Regel) im Haushalt voll mitmachen, haben sich hier Lösungen durchgesetzt, die das Leben einfach nur erleichtern.

Dein nächstes Souvenir aus Finnland könnte also eine Spülbürste sein.

Dein nächstes Souvenir aus Finnland?

5 Gedanken zu “Finnlands praktischte Erfindung aller Zeiten: Der Abtropfschrank

  1. Klasse! Die Büsten bringe ich auch immer mit nach Deutschland. Das finnische Wasser ist echt ein Genuss, nicht nur für die Haare auch zum Trinken. Prosit!

  2. Der Grund des Abtropschrankes dürfte sein, dass die Küchen in 99% der Miet-Wohnungen eingebaut sind und dabei aber nur das nötigste verbaut wird – auch als Platzmangel gibt es in vielen Wohnungen keine Spülmaschine. Erst im eigenen Haus leistet sich der erfolgreiche Finne dann eine Küche mit allerlei Luxus incl. Spülmaschine und extra Gas-Kochfeld (mit Flasche wie in Italien)

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