Ausflugsziele in Südfinnland: Porvoo und der Herrenhof Haikko

Ein beliebter Ausflug aus Helsinki geht in das knapp 50 Kilometer entfernte Porvoo, das östlich von Helsinki an der alten Königsstraße liegt. In der Hauptsache lief der Handel im Mittelalter über den Seeweg, weil es viel einfacher war, Waren in Booten zu befördern, deswegen liegen auch die beiden ältesten Städte Finnlands am Wasser: Turku / Åbo und Porvoo / Borgå. War die Ostsee jedoch vereist (und das war sie manchmal noch bis in den Mai hinein), musste man über Land fahren. Zur Verwaltung des schwedischen Reiches und auch bei der Einführung eines wenn auch primitiven Postsystems musste die schon vorhandene Landroute verbessert werden: so entstand der alte Königsweg (kuninkaantie). Es handelt es sich um eine alte Handelsstraße, die von Stockholm über die Aland-Inseln über die älteste Stadt von Finnland, Turku /Åbo über Porvoo entlang der Südküste Finnlands Richtung Novgorod ging. Das Reich von Novgorod wurde später von Russland übernommen.
Die Stadt erhielt 1346 vom schwedischen König Magnus Eriksson die Stadtrechte, existierte also zu diesem Zeitpunkt schon. Als der schwedische König Gustav Wasa 1550 Helsinki gründete, befahl er den Bürgern Porvoos, in die neugegründete Stadt zu ziehen, allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Die Neugründung erwies sich nämlich zunächst als ziemlicher Flop, schon 1579 wurden die Stadtprivilegien von Porvoo erneuert, in Helsinki blieben ein paar wackelige Fischerkaten, während man in Porvoo schon Steinhäuser baute – aber auch viele Holzhäuser. Die vielen Holzhäuser wurden Porvoo häufiger zum Verhängnis: es brannte mehrmals ab. So 1708, als die Russen die Stadt auf einem Feldzug verstörten. Jedoch hatte man 1809 die Stadt schon wieder so weit wiederaufgebaut, dass Alexander I. den Dom von Porvoo wählte, um dort die Ständeversammlung Finnlands von seiner zukünftigen Politik zu informieren. In Helsinki hätte es kein einziges Gebäude gegeben, wo eine solche Zusammenkunft möglich gewesen wäre, Turku war zu weit von St. Petersburg entfernt.
In Porvoo sehenswert ist vor allem die Altstadt mit ihren vielen pittoresken Holzhäusern. Sie werden sich in die Filme von Astrid Lindgren zurückversetzt fühlen!
Hier kann man auch gut essen, das „Zum Beispiel“ in der Rihkamakatu 2 serviert das deutsch-finnische Powerpaar Georg und Leena Simojoki vom Besten (zum.fi) . So gibt es eigenes glutenfreies Brot (getestet, ist super!), alles Essen ist laktosefrei (eine Sorge weniger, wenn jemand dabei ist, der dieses Problem hat). Simojoki wird zum Beispiel auch als Caterer von der österreichischen Botschaft eingesetzt.

In der Nähe von Porvoo sollte man unbedingt den sieben Kilometer von Porvoo entfernten Herrenhof Haikko besuchen, der direkt an der Ostsee liegt. Der Hof hat eine beachtliche Geschichte hinter sich, im folgenden Text orientiere ich mich auch an einer Information, die das jetzige Hotel Haikko vor Jahren seinen Gästen auf Deutsch ausgehändigt hat:
Der Gutshof Haikko wurde schon 1362 erwähnt, als er im Besitz des Dominikanerklosters war. Danach war er 400 Jahre lang Besitztum der Familie Stenbock. In diesen Jahren wird der Herrenhof nicht selten in der Geschichte erwähnt. Die eigentliche Glanzzeit beginnt erst im Jahr 1871, als er vom Helden des türkischen Krieges, Sebastian von Etter, angekauft wurde. Seine Frau Emilie hat dem Landgut am deutlichsten ihr Gepräge aufgedrückt. Sie wirkte bis 1923, als sie in hohem Alter starb. Alle Kinder der Familie hatten enge Beziehungen zum kaiserlichen Hof in St. Petersburg. Johan von Etter, der älteste Sohn, gehörte zum Gefolge des Zaren und seine Gemahlin Marie Kleinmichel war die Hofdame der Zarin.
Das alte Hauptgebäude brannte in der Neujahrsnacht von 1911 ab, als ein wegen Trinksucht entlassener Knecht das Gebäude in Brand setzte. So wurde 1913 ein neues Gebäude bei Professor Armas Lindgren in Auftrag gegeben, der als Teil des Trios Gesellius / Lindgren / Saarinen auch das Nationalmuseum von Finnland entworfen hat (und Alvar Aalto, der wohl berühmteste finnische Architekt, hat bei ihm studiert und später in seinem Büro gearbeitet).

Angesehene Gäste von Haikko waren zum Beispiel Großfürst Wladimir und seine Gemahlin Maria Pavolovna sowie ihre Tochter Helen, später Prinzessin von Griechenland und Mutter von Marina, Herzogin von Kent. Da war auch noch die preussische Prinzessin Eleonora, die später die König Boris von Bulgarien heiratete. Zu den interessantesten und beständigsten Gästen gehörte Großfürst Kiril Wladimirovits (ein Enkel von Alexander dem Zweiten) und seine Gemahlin Victoria, Prinzessin von England. Sie flüchteten vor der russischen Revolution über das Eis nach Finnland. In Haikko wurde ihr Sohn Vladimir, der erste Thronfolger der russischen Zarenkrone, geboren. Dieser Großfürst Vladimir war bis zu seinem Tod Oberhaupt der Familie Romanov.
Orginalfotos aus der glanzvollen Zeit Haikkos sind im Romanov-Saal zu bewundern.
Viele finnische Künstler haben in Haikko Ruhe und Inspiration gefunden. Der berühmteste von ihnen ist der Maler Albert Edelfelt, der 26 Sommer in Haikko verbrachte. Sein Atelier ist heute ein Museum in der Nähe des Herrenhofes. Eines seiner berühmtesten Gemälde wurde von den späteren Besitzern von Haikko aufgekauft und ist heute im Gelben Salon von Haikko zu sehen. Es zeigt einen Blick auf Porvoo aus der Perspektive des Hügels, wo sich vor Jahrhunderten die alte Burg befand, die Porvoo ursprünglich ihren Namen gegeben hat (Borgå = Burg am Fluss).

Der letzte adelige Hofbesitzer war Waldemar von Etter. Von ihm kauften Satu und Leo Vuoristo (Vuoristo Gesellschaft) im Jahre 1965 den Herrenhof. Das Hauptgebäude wurde in ein Hotel umfunktioniert und ein Jahr später eröffnet. 1974 wurde ein Kur- und Kongressflügel mit neuer Fitnessabteilung neben dem Hauptgebäude errichtet. Besonderheit ist die Behandlung in einer Kältekammer (Ganzkörperkältetherapie, auch „Eissauna“ genannt) mit 120 Grad minus. 1983 kam ein neues Kongresszentrum mit großem Tagungszentrum dazu, 1990 ein neues Hotelgebäude.
Haikko hat sich als Hotel für verliebte Pärchen gut positioniert, auch Hochzeiten werden hier gerne ausgerichtet. Die Homepage ist zum Teil auch auf Deutsch, schauen Sie sich das wunderbare Ambiente an: www.haikko.fi
Nach Porvoo können Sie am besten mit dem Bus fahren, im Sommer fährt auch ein Schiff zwischen Helsinki und Porvoo. Die M/S J.L. Runeberg (benannt nach dem finnischen Nationaldichter Runeberg, der auch in Porvoo wohnte und den Text der finnischen Nationalhymne geschrieben hat) fährt am Marktplatz von Helsinki um 10.00 ab und kommt nach einer wunderschönen Fahrt von 3,5 Stunden in Porvoo an (Überblickskarte und Fahrplan, leider alles nur auf Finnisch auf http://www.msjlruneberg.fi/risteilyt/helsinki-porvoo/ ). 2018 kostet die Rückfahrtkarte 39 Euro. Bei Bedarf hält man auf dem Weg auch beim Herrenhof! Nach 2,5 Stunden in Porvoo geht es dann zurück nach Helsinki. Die Runeberg wurde übrigens 1912 als Dampfschiff erbaut und ist alleine schon eine Sehenswürdigkeit.

Viel Spaß in Porvoo und Haikko wünscht Ihnen Claudia Jeltsch.

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