Wenn ich meinen Gästen bei einer Stadtrundfahrt erzähle, dass Finnland genau 187.888 Seen hat (und damit weltweit nur noch von Kanada überholt wird!), dann wollen manche das schlicht und einfach nicht glauben. Oder sie nehmen an, dass wir dann alle Tümpel dazuzählen. Aber nein, als Definition von See gilt hier, dass der See eine Mindestfläche von 0,05 Hektar beziehungsweise 500 Quadratmetern haben muss.
Damit muss ein See schon so viel Quadratmeter haben wie eine herrschaftliche Villa Wohnfläche hat, um als See angesehen zu werden. Bei einem annähernd quadratischen See muss er also mindestens 22 Meter Länge und Breite aufweisen, damit er durchgeht.
Darüber hinaus sind 56000 dieser Seen über einen Hektar (=10.000 Quadratmeter) groß und 2 600 über einen viertel Quadratkilometer (oder 25 Hektar, wem das lieber ist).
Wer sich den Quadratkilometer schlecht vorstellen kann, dem hilft vielleicht der Vergleich mit der Hamburger Außenalster: Sie hat eine Fläche von 1,64 Quadratkilometern.

Stimmung am Kilpisjärvi in Lappland
Die finnische Seeplatte ist die größte Seenregion Europas, sie nimmt insgesamt ein Viertel von ganz Finnland ein. Seen machen 9,9% der Staatsfläche aus. Sieben der zehn größten finnischen Seen befinden sich hier: Suur-Saimaa, Päijänne, Pielinen, Iso-Kalla, Keitele, Iso-Längelmävesi und Puulavesi.
Der größte finnische See hat eine Fläche von 1 377,05 Quadratkilometern und ist damit mehr als doppelt so groß wie der Bodensee (536 km2) oder der Genfer See (580 km2). Der Suur-Saimaa ist damit auch der viertgrößte natürliche europäische See. Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass ein Teil des größten europäischen Sees, des Ladoga-Sees, früher zum finnischen Staatsgebiet gehörte, bevor sich diesen Teil die Sowjetunion vereinnahmte. Auch der zweitgrößte finnische See, der Päijänne, ist immer noch mehr als doppelt so groß (1 080,63 km2) wie der Bodensee oder fast genau doppelt so groß wie der Genfer See. Der drittgrößte finnische See, der Inari-See, ist mit 1 040,28 km2 in Lappland zu finden. Und der viertgrößte finnische See, der Pielinen, hat mit 894,21 km2 immer noch eine größere Fläche als der Bodensee. Erst der Keitele ist mit 493,59 km2 ein wenig kleiner als der Bodensee.
Oder noch anders gesagt: Die acht größten finnischen Seen sind alle größer als der Bodensee.
Wer jetzt teilweise andere Zahlen findet, sollte etwas bedenken: Suur-Saimaa bezeichnet das Seensystem vom Saimaa, zu dem gehört der eigentliche Saimaa-See und weitere acht oder sogar 17 „Nebenseen“, je nachdem wie schmal die Meerenge (eigentlich müsste man See-Enge sagen, da es sich um Seen, nicht Meere handelt, die verbunden sind) sein darf, die die beiden Seen miteinander verbindet. Zum Suur-Saimaa gehören so bekannte Seen wie Pihlajavesi, Orivesi, Haukivesi, Puruvesi, Pyhäselkä, Enonvesi, Pyyvesi und Ukonvesi.
Genauso bezeichnet der Iso-Kalla das Seensystem vom Kallavesi, zu dem der Hauptsee Kallavesi gehört und so weiter.
Ein weiterer Punkt, der bei diesen Spitzenreiterlisten eine Rolle spielt: rechnet man die künstlichen Stauseen mit oder nicht? Beim Mitrechnen ist der Suur-Saimaa der sechstgrößte Europas, ohne Mitrechnen der viertgrößte Europas.
Von den 50 größten Seen in Europa gehören dann auch zwölf Finnland (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Seen_in_Europa), fünf Schweden, drei (zum Teil) der Schweiz (Ober- und Untersee beim Bodensee gelten als zwei hydrologisch eigenständige Seen), zwei (zum Teil) Deutschland und zwei (zum Teil) Österreich. Man könnte auch elf in Finnland zählen, weil hier wieder der Suur-Saimaa eigens aufgeführt ist, dann aber ebenfalls seine Teilseen. Aber selbst bei elf Seen sind das immer noch mehr als doppelt so viele wie Schweden in den Top 50 hat!
Spätestens nach der Lektüren meines Blogges „Hauptsache, die Schweden sind raus!“ wissen ja alle, dass es auf jeden Fall darauf ankommt, Schweden zu übertreffen, zumindest bei der Anzahl der Seen schafft man es! Und gleicht damit aus, dass der schwedische Vänern mit 5519 km2 nun doch “leider” der größte See auf EU-Gebiet ist, viertgrößter See in Europa nach den russischen Spitzenreitern.
Noch ein anderer Vergleich: Lassen wir den Bodensee beiseite und vergleichen wir mit dem zweitgrößten deutschen See, dem Müritzsee. 41 Seen in Finnland haben eine größere Fläche als dieser (112,6 km2). Oder wir vergleichen mit dem zweitgrößten östereichischen See nach dem Bodensee, dem Neusiedler See (320 km2). 12 Seen in Finnland übertreffen den Neusiedler See an Fläche.
Ich denke, spätestens jetzt werden Sie verstanden haben, dass Finnland nicht umsonst den Titel „Land der tausend Seen“ erhalten hat!
Vom südlichsten Punkt der Seeplatte zum nördlichsten und ebenso vom westlichsten zum östlichsten sind es circa 250 Kilometer.
Im Süden, Südosten und Osten wird die Seeplatte durch die Endmoräne des Salpausselkäs bestimmt, im Westen durch die Region Satakunta und im Nordwesten durch eine andere Endmoräne: die des Suomenselkäs (übersetzt übrigens „Finnlands Rücken“), im Norden die Region von Nordsavo, im Nordosten die Region von Nordkarelien.
Die beiden einzigen Abflüsse der Finnischen Seenplatte nach Süden sind die Flüsse Kymijoki und Vuoksi. Der Kymijoki durchbrach den Salpausselkä vor rund 6.000 Jahren, der Vuoksi vor rund 5000 Jahren an der Stelle des Imatrafalls; seither entwässern sie Ostfinnland und weite Teile Zentralfinnlands zum Ladogasee (der auf russischem Staatsgebiet liegt) und zum Finnischen Meerbusen hin.
Das Gebiet der Seeplatte ist auch mit eines der beliebtesten Feriengebiete, sowohl für die Finnen als auch für ausländische Besucher. Vielleicht sind Sie im nächsten Sommer mit dabei?
Ein Gedanke zu “Finnische Seenkunde”