Einer der Vorteile einer Kreuzfahrt ist es, dass von Bord aus Ausflüge angeboten werden. Das riesengroße Plus dieser Ausflüge ist es, dass man garantiert wieder an Bord kommt, auch wenn der Bus zu spät dran ist, auf die eigenen Ausflüge wird gewartet!
Organisierte Ausflüge bieten auch den Vorteil, sich schnell einen Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten machen zu können. Wenn es einem dann so richtig gut gefällt, dann muss man so und so noch einmal privat wiederkommen, und dann in eigener Regie!
Wer mit Oma oder Opa im Rollator die Kreuzfahrt macht, wird sich auch besonders freuen: in fast jedem Hafen werden Panoramafahrten angeboten, die man auch dann buchen kann, wenn man nur noch einige wenige Schritte selbst machen kann, aber trotzdem noch reiselustig ist.
Die Ausflüge werden so gut wie immer in Kooperation mit einer örtlichen Incoming-Reiseagentur angeboten. In fast jedem Hafen gibt es daher verschiedene Agenturen, und es dürfte nicht verwundern, dass es hier Bentley-, Mercedes-, Volkswagen- und Lada-Agenturen gibt. Die großen Gesellschaften schreiben ihre Ausflüge in der Regel alle paar Jahre aus und erhalten dann Angebote. Wer am billigsten anbietet, hat dafür Gründe. In Helsinki zum Beispiel engagiert die billigste Agentur auch nichtautorisierte Fremdenführer, die keine Ausbildung absolviert haben und für die es auch keine Verpflichtung zur Weiterbildung gibt. Natürlich kann es auch zufällig unter den nichtautorisierten Guides eine Perle geben – die wird aber bald die Ausbildung nachholen, weil alle anderen Agenturen eine Fremdenführerausbildung als Voraussetzung ansehen.
Der Bus mit 20 ersten Reihen muss erst noch erfunden werden – und bis dahin macht es sehr viel aus, wie die Gäste vom Schiff zu den Ausflugsbussen gebracht werden. Bei allen Schiffen erhält man mit der Buchung ein Papierticket für den gebuchten Ausflug, im Tagesprogramm oder gesondert wird mitgeteilt, wo man sich wann einzufinden hat. Hier das, was ich jede Saison bei Costa- und MSC-Schiffen erlebe: es kommt ein Schwall von Gästen aus dem Schiff, die auf die Busse zuströmen. Nehmen wir an, es gibt fünf Busse mit einer Stadtrundfahrt. Im ersten und zweiten Bus sind beide vorderen Plätze schon mit Gehbehinderten besetzt. Daher entschließen sich Gast Sechs und Sieben, den dritten Bus anzusteuern, um dort die erste Reihe zu ergattern. Die nächsten Gäste sehen das, und steuern Bus vier an. Ergebnis ist, dass alle Busse ganz langsam gefüllt werden und circa zur selben Zeit abfahren – mit dem Ergebnis, dass beim ersten Stop alles voll ist. Es erstaunt dann natürlich auch nicht, dass bei diesen Schiffen meistens keine Begleitung vom Schiff aus mitkommt. Diese würde in vielen Fällen ja für Ordnung sorgen und wäre auch ein einfacher Ansprechpartner für die vielen kleinen und großen Sorgen der Gäste. Wenn ich als Fremdenführer Jahr für Jahr immer dieselben Gästebetreuer wiedersehe, dann ist das auch ein Zeichen dafür, dass diese Schiffe ihr Personal nicht “verheizen”, sondern so gut behandeln, dass zum Teil schon Jahrzehnte für eine Gesellschaft arbeiten. Dieses glückliche Personal entwickelt dann Ideen, die eine perfekte Ausflugsorganisation ermöglichen und immer wieder verbessern. Ständig neues Personal ist dagegen eher ein Zeichen für kaum motivierte Mitarbeiter, die keinen Einfluss auf ihre Arbeitsabläufe haben, obwohl sie doch die wahren Spezialisten sind.
Hier haben natürlich die kleinen Schiffe Vorteile, weil das Personal den Gästestrom viel besser kontrollieren kann, es ist also kein Wunder, dass Hapag-Lloyd hier gut abschneidet. Aber auch bei den etwas größeren Schiffen geht es, mit ausgeklügelter Logistik Gäste glücklich zu machen, zum Beispiel bei Phoenix-Reisen: hier hat sich das Personal vorher Arbeit gemacht und hat an Bord die Papiertickets in laminierte Plastiktickets umgetauscht, auf denen bereits die Nummer des Busses steht! Das heißt, man weiß natürlich im Voraus, wie viele Gäste die Stadtrundfahrt gebucht haben und kann dann die Gäste gleichmäßig auf alle Busse verteilen. Die Begleitung für Stadtrundfahrt 1 wird dann mit der Kelle (dem „Lollypop“) losgeschickt, und führt ihre Gruppe 1 gesittet und ordentlich zu Bus Nr. 1. Am Bus werden die Gäste dann die laminierten Kärtchen los, entweder bei mir oder bei der Begleitung vom Schiff (das kann ein Reiseleiter sein oder auch der Pfarrer). Selbstverständlich sind die ersten Reihen vorher mit Schildern „für Gehbehinderte“ versehen worden, so dass auch jemand, der gerade eine Knieoperation hinter sich hat, sich in die erste Reihe setzten darf, ohne das vorher angemeldet zu haben (wenn es auch besser ist, es vorher zu melden). Bus 1 wird dann gefüllt und fährt um 9.00 ab, genauso Bus 2 um 9.05 und so weiter. Mit dem Ergebnis, dass beim ersten Fotostop Bus 1 wirklich fünf Minuten Zeit hat, bevor Bus 2 eintrifft. Die Bentley-Agenturen arbeiten dann die Touren auch so aus, dass ein Zusammentreffen der Busse bei den obligatorischen Stopps vermieden wird. Das heißt aber auch, dass man gute Busfahrer und Guides haben muss, die sich an die Anweisungen halten und nicht einfach so fahren wie sie es gewohnt sind. Ein solch abgestimmte Koordination ist von Lada-Agenturen allerdings nicht zu erwarten!
Der Nebeneffekt: die Kosten für die Ausflüge
Hier gilt die Hauptregel: je billiger die Kreuzfahrt verkauft wurde, desto höher sind die Nebenkosten, also nicht nur die Ausflüge, sondern auch zum Beispiel die Getränke. Die Unterschiede sind enorm, ab und zu frage ich immer wieder meine Gäste, wie viel sie mein Ausflug gekostet hat: ein Ausflug, der bei Phoenix-Reisen 35 Euro kostet, wurde bei Costa für 55 Euro verkauft. Wenn ich also eine Kreuzfahrt mit vielen Häfen habe, wo ich Ausflüge buchen muss (klassisches Beispiel ist St. Petersburg, da komme ich ohne Privatvisum nicht mal an Land), dann kommt dabei ein schönes Sümmchen zustande, insbesondere, wenn ich die Kreuzfahrt mit der ganzen Familie und Oma mache. 20 Euro Unterschied mal fünf Personen: 100 Euro Unterschied pro Tag! Lassen Sie sich also nicht durch „nur 499 Euro“-Preise blenden, irgendwo müssen auch diese Anbieter ihr Geld verdienen und sie machen es durch überteuerte Ausflüge.
Und der Gesamtpreis der Kreuzfahrt?
Dieser Faktor dürfte für viele überhaupt Nr. 1 bei der Entscheidung sein, manchmal kann man sich ein tolles Schiff schlicht und einfach nicht leisten. Eine Faustregel in der Kreuzfahrt lautet, dass die Gesamtkosten (die dann zum Beispiel auch die Ausflüge und die Getränke beinhalten) circa das Doppelte des ausgeschriebenen Preises ausmachen, das gilt aber eher für Schiffe ohne All-inclusive. Eine weitere Faustregel lautet, dass diejenigen Kreuzfahrtgesellschaften dem Gast mehr an Leistung bieten können, wenn sie nicht einen großen Teil ihres Gewinnes in Werbung stecken müssen, das heißt die Bekanntesten sind oft nicht unbedingt die besten.
Wenn Sie ganz logisch und konsequent bei der Buchung vorgehen wollen, dann schlage ich folgendes Verfahren vor:
Sie entscheiden sich für eine Region und /oder einen oder mehrere Orte, die sie bereisen wollen (das wollten Sie schon immer sehen). Bei Helsinki wäre es zum Beispiel die klassische Ostseekreuzfahrt.
Sie checken im Internet, welche Gesellschaften Kreuzfahrten in diese Region anbieten.
Sie machen sich einen Überblick, wie die Preise dieser Gesellschaften aussehen. Dazu bietet es sich an, die angebotenen Mindestpreise auf den Preis pro Kreuzfahrttag umzurechnen. Das ist nützlich, weil Sie auf diese Art und Weise Kreuzfahrten verschiedener Länge vergleichen können. Und am Schluss auch entscheiden können, ob Ihnen 10 Tage Ostseekreuzfahrt mit einer etwas teureren Gesellschaft wichtiger sind als 14 Tage mit einer billigeren.
Machen Sie sich auch einen Überblick über die Nebenkosten, das heißt die Ausflüge und die Getränke sowie Zuzahlrestaurants. Leider ist es manchmal sehr schwierig, die Zahlen dazu im Internet zu finden. Was Sie nicht finden, sollte Sie stutzig machen. Hier ein Beispiel, wie es sein sollte, Phoenix-Reisen hat hier zum Anschauen die Getränkekarten aller Schiffe: https://www.phoenixreisen.com/das-ist-alles-inklusive-auf-unseren-hochsee-schiffen.html Da sich auch schon ein paar andere Gäste über die fehlende Transparenz bei den Getränken geärgert haben, gibt es hier eine gute Übersicht: https://www.cruisetricks.de/geheimsache-getraenkepreise/ . Ob sich Getränkepakete lohnen, muss jeder selbst rechnen, bei Kosten von circa 40 Euro am Tag muss man ziemlich viel trinken, damit es sich bezahlt macht. Bei All-inclusive-Schiffen kann man dann auch rechnen, ob es wirklich günstiger kommt, all-inclusive nur deswegen zu buchen, weil man die zwei Gläser Wein nicht extra bezahlen möchte (nein, es lohnt sich nicht!). Bei den Ausflügen kommt es ganz auf die Kreuzfahrt an – und ob Sie organisierte Ausflüge wollen oder brauchen. Wenn Sie auf einer Nordlandkreuzfahrt nach Spitzbergen unterwegs sind, dann sollten Sie wissen, dass es auf Spitzbergen keine organisierten Ausflüge gibt – in Longyearbyen, der Hauptstadt, gäbe es nicht einmal genug Fremdenführer für ein Kreuzfahrtschiff. In Island dagegen erreichen Sie so gut wie alle interessanten Sehenswürdigkeiten nur mit dem Ausflugsbus – da bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als einen Ausflug zu buchen, wenn Sie Geysir und Wasserfall sehen wollen. Haben Sie ein Schiff gebucht, das in Helsinki direkt vor dem Marktplatz liegt, dann können Sie sich die Kosten für den Ausflug auch unter Umständen sparen, es sein denn, Sie wollen Oma auf der Panoramafahrt begleiten oder unbedingt mich als Fremdenführerin haben – mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit stehe ich nämlich am Schiff mit dem Bentley-Anlegeplatz (und freue mich natürlich riesig, wenn Sie sich als Leser meines Blogs outen). Meine Gäste erfahren dann auch, von wo aus man dieses tolle Foto vom Dom aus machen kann, von alleine werden Sie die Stelle nicht finden…
Jetzt addieren Sie die Tageskosten und die voraussichtlichen Nebenkosten. Und schwups, der billigste Anbieter ist meistens jetzt nicht mehr der insgesamt kostengünstigste.
Sie schauen sich alle diejenigen Gesellschaften an, die vom Preis in Frage kommen, zum Beispiel als Sparfuchs die drei günstigsten. Dann schauen Sie, welche zusätzlichen Nutzen oder Schaden Ihnen diese drei zu den Themen “zentraler Anliegeplatz”, “Umweltschutz”, “gute Ausflugsorganisation” und “eine Bordsprache” bieten.
Danach treffen Sie Ihre Entscheidung. Oder Sie fragen Ihre Freunde nach ihren Erfahrungen, auch eine Methode, und sicherlich nicht die Schlechteste. Einige Schiffe haben Repeater-Raten von 70-80%. Da muss jemand zufrieden gewesen sein.