Die finnische Corona-App bricht beim Runterladen alle Rekorde

Am Montag, dem 31.8., wurde sie veröffentlicht. Die App mit dem Namen Koronavilkku bzw. auf Schwedisch Coronablinker.

Am ersten Tag wurde sie bereits eine halbe Million Mal geladen, bei der Einwohnerzahl Finnlands macht das 9% der Bevölkerung aus!

Am Morgen des zweiten Tages gegen 8 Uhr überschritt man die Millionenmarke. Am Abend des zweiten Tags kam man schon auf insgesamt 1,4 Millionen Installationen und erreichte damit 25% der Bevölkerung. Dabei lag die offizielle Zielsetzung bei einer Million im ersten Monat. Der finnische „Obervirologe“ war hoch erfreut:  

„Diese Zahl ist einfach nur phantastisch! Eine solche Ladezahl an einem Tag hat all unsere Erwartungen übertroffen,“ äußerte sich, Professor Mika Salminen, Direktor des THL (das man als das finnische Pendant zum Robert-Koch-Institut ansehen kann, obwohl es insgesamt als eine Art finnischweites Gesundheitsamt fungiert).

Oder anders: die Finnen haben an den ersten zwei Tagen der App diese fleißiger heruntergeladen als die Deutschen in zwei Monaten (seit dem 16. Juni).

Es wären sogar noch mehr gewesen, wenn sich nicht einige User beim Laden der App vertan hätten und aus Versehen die mazedonische Corona-App „Stopp Corona“ heruntergeladen haben, wie aus den Tagesstatistiken der App-Stores erkenntlich ist. Auch die Tatsache, dass die App noch nicht für circa 200.000 Nutzer von Huawei-Handys erhältlich ist, hat eine noch größere Zahl verhindert.

Am 3. 9. wurden um 9.03 Uhr die ersten sechs Codes eingegeben, die von einer möglichen Infizierung informieren. Die Codes sind tagesspezifisch, es kann sich also um sechs Codes eines Erkrankten handeln, an sechs verschiedenen Tagen oder um sechs Personen, die jeweils an einem Tag einen Code eingespeist haben, oder um Zwischenformen. Mehr wissen wir natürlich nicht, weil alles anonym abläuft. Man kann also an der Zahl der eingegebenen Codes nicht die Anzahl der Erkrankten ablesen.

Vorausgesetzt, wir vergleichen nicht Äpfel mit Birnen, kann man sich alle Länder  anschauen, die eine datensichere App herausgegeben haben, die zum Beispiel nicht die Wege und den Aufenthaltsort der Appnutzer aufzeichnet. Von allen diesen: Wer übertrifft in der Statistik Finnland? Nur Island, hier findet man in Wikipedia die Angabe, dass 50% der Bevölkerung die landeseigene Corona-App heruntergeladen hat, bei einer Bevölkerung von 364.000 ist es wahrscheinlich auch wesentlich leichter, diese vom Nutzen einer App zu überzeugen (Isländer nutzen übrigens auch beim Daten eine App, die davor warnt, mit zu nahen Verwandten ins Bett zu springen).

Hier der Vergleich mit den deutschsprachigen Ländern:

In Deutschland hatte man mit Stand 1.9. 17,8 Millionen Mal die App heruntergeladen, das sind 21,2% der Bevölkerung. Immerhin damit Nr. 1 bei den großen drei deutschsprachigen Ländern (Luxemburg hat übrigens keine eigene App, jedoch können Luxemburger die deutsche verwenden, was vor allem dann von Nutzen ist, wenn sie sich viel in Deutschland aufhalten, jedoch können sie bei einer in Luxemburg diagnostizierten Infektion diese nicht in das deutsche System einspeichern).

In Österreich war man zwar sehr früh unterwegs, die vom Roten Kreuz herausgegebene App startete schon im März, aber leider wurde sie von weniger als einer Million Österreichern heruntergeladen – und darüber hinaus schätzt das Rote Kreuz, dass sie von weniger als der Hälfte von diesen auch aktiv verwendet wird. Also schlappe knappe 7,7% der Bevölkerung, weniger als 4% nutzen sie wirklich. Auch klar, dass für die wenigen, die helfen wollen, die Pandemie einzudämmen, der Sinn zweifelhaft wird, da nur so wenige Warnmeldungen abgegeben werden, dass man das Gefühl hat, dass es nichts bringt.

Bei der Schweiz kommt man unwillkürlich dazu, allen diesem Land zugeschriebenen Vorurteilen in Bezug auf Präzision nickend zuzustimmen. Als einziges Land ist auf der Seite der Schweizer Statistik eine tagesgenaue Angabe darüber zu finden, wie viele Menschen die App nutzen (und nicht nur heruntergeladen haben!):  

Am 3.9. waren es 1,63 Millionen Menschen und damit 19 % der Einwohner der Schweiz: https://www.experimental.bfs.admin.ch/expstat/de/home/innovative-methoden/swisscovid-app-monitoring.html Nur zum Vergleich: heruntergeladen wurde die App 2,3 Millionen Mal. Daher muss man in allen Ländern davon ausgehen, dass aus den einem oder anderen Grund nicht alle, die anfänglich die App herunterladen, sie auch nutzen. Zum Beispiel auch deswegen, weil sie vergessen, Bluetooth einzuschalten.

Die finnische App beruht auf derselben Technik DP-3T (Decentralised Privacy-Preserving Proximity Tracing), die von mehreren europäischen Universitäten als Sicherheitsstandard mit Wahrung der Anonymität der User gemeinsam entwickelt worden ist und die auch dem deutschen System zugrunde liegt. „DP-3T Decentralised Privacy-Preserving Proximity Tracing (DP-3T, auch DP3T) ist ein offenes Protokoll zur COVID-19-Nahbereichsverfolgung mit Hilfe des Bluetooth-Low-Energy-Nahfunks. Dabei bleiben persönliche Daten und Berechnungen im Telefon einer Person.“ (aus: wikipedia, Artikel über COVID-19-App)

 

Braucht es noch mehr Beweise dafür, dass die Finnen im Durchschnitt erstens wesentlich technikfreundlicher sind (siehe auch Zukunfts-land Finnland) und zweitens ein weit größeres soziales Vertrauen innerhalb der Gesellschaft herrscht, dass Versprechen eingehalten werden? In mitteleuropäischen Kreisen hört man wesentlich häufiger, dass man trotz Erklärungen über die Einhaltung von Anonymität diesen einfach nicht geglaubt wird. Und das, obwohl das Protokoll öffentlich ist und von allen eingesehen werden kann! Das soziale Vertrauen in der Gesellschaft ist aber ein hohes Gut, das in engem Zusammenhang mit dem Erfolg und auch der empfundenen Zufriedenheit mit dem eigenen Leben steht. Dazu siehe auch mein Blog (Finnland glücklichstes Land der Welt – 12 Gründe und Zum zweiten Mal glücklichstes Land der Welt!) über die Erfolgsfaktoren, die Finnland schon zwei Mal in Reihe zum glücklichsten Land der Welt machen und die nordischen Länder insgesamt immer wieder auf die höchsten Ränge bringt.

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