Mit dem Kreuzfahrtschiff nach Helsinki – Insidertipps Teil 1

Sie wollen mit dem Kreuzfahrtschiff nach Helsinki, als Teil einer beliebten Ostseekreuzfahrt? Und wissen noch nicht, welches Schiff Sie nehmen sollen?
Dann habe ich hier ein paar Entscheidungshilfen für Sie. Allerdings hier gleich ein rechtlicher Hinweis: ich kann keine rechtliche Verantwortung für die 100% Korrektheit übernehmen, das heißt, wenn Sie jetzt weiterlesen, stimmen Sie zu, dass mich nicht rechtlich verantwortlich machen, wenn im Einzelfall irgendeine Aussage nicht stimmt.

Ich habe die letzten elf Jahre jeden Sommer Kreuzfahrtschiffgästen Helsinki gezeigt, das bedeutet auch, dass ich jeden Sommer lang jeweils zwischen 30 und 45 Minuten bevor Ihr Ausflug anfängt, im Hafen vor den Bussen gestanden habe – und das eine oder Andere bemerkt habe, von dem Sie jetzt profitieren können.

Englisch- oder deutschsprachiges Schiff?
Fangen wir mit ein paar ganz grundlegenden Fragen an. Die allererste Frage, die Sie beantworten müssen, ist, ob Sie unbedingt ein deutschsprachiges Schiff haben wollen. Wenn Sie Englisch (oder Französisch) gut beherrschen, haben Sie eine wesentlich größere Auswahl. Aber auch in diesem Fall wollen viele von uns gerne auf Deutsch bedient werden, mögliche Probleme sind viel einfacher in der Muttersprache zu bewältigen und die deutschsprachigen Schiffe haben auch oft den Vorteil, von einem deutschen Hafen aus ihre Kreuzfahrt zu beginnen – wer will schon erst nach England fliegen, um eine Ostseekreuzfahrt zu machen. Organisierte Ausflüge werden dann auf Deutsch angeboten – insofern es im Land genug deutschsprachige Fremdenführer gibt. Das gibt es in der Regel bei einer Ostseekreuzfahrt, in der Karibik sieht es dann schon anders aus. Es gibt also eine Reihe von Gründen, ein deutschsprachiges Schiff zu wählen.
Gehen wir also im Folgenden davon aus, dass Sie gerne Deutsch mindestens als eine Bordsprachen dabei haben wollen. Ja, hier wird es kompliziert.

Mehr- oder einsprachiges Schiff?
Es gibt nämlich auch mehrsprachige Schiffe, die Gäste aus verschiedenen europäischen Ländern bedienen, Costa und MSC zum Beispiel. Dann müssen Sie allerdings damit rechnen, dass alle Durchsagen zum Beispiel hintereinander in Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch und Deutsch erfolgen. Ich höre diese Durchsagen, wenn ich am Kai auf meine Gäste warte. Viele der besonders südeuropäischen Gäste verstehen auch entweder gar kein oder so gut wie gar kein Englisch, das in jedem Fall Bordsprache der Besatzung ist. In einem maritimen Notfall möchte ich nicht daran denken, dass dann alles in fünf Sprachen durchgesagt wird und die Familie vor mir auf der Treppe erst 20 Sekunden nach mir versteht, was der Kapitän gesagt hat!

Die Mehrsprachigkeit hat auch Auswirkungen auf die angebotenen Ausflüge. Im schlimmsten Fall werden die Ausflugsbusse mehrsprachig durchgeführt. Ein Beispiel: das Schiff bekommt einen deutschsprachigen Bus und einen englischsprachigen Bus voll mit einem Ausflug „Helsinki zu Land und zu Wasser“, der Ausflug umfasst eine Panoramatour im Bus und eine Bootsfahrt in den Schären vor Helsinki. Nun gibt es aber noch 20 zusätzliche Gäste, die gerne diesen Ausflug auf Deutsch und 20 zusätzliche Gäste, diesen Ausflug auf Spanisch gebucht hätten. Statt weitere zwei Busse (mit zwei Busfahrern und zwei Guides) bei der Agentur zu bestellen, fordert das Schiff einen Bus mit einem Fremdenführer, der den Ausflug sowohl auf Deutsch als auch auf Spanisch durchführen kann (die Agenturen machen das, was der Kunde wünscht, das heißt, auch eine gute Agentur macht mit Bauchschmerzen das, was das Schiff wünscht). Nur blöd, wenn Sie diesen Bus erwischen: bei der Fahrt durch Helsinki bekommen Sie nur 50% der Informationen, die Sie erhalten würden, wenn die Fahrt einsprachig Deutsch wäre. (Außer, sie wollen Spanisch lernen, dann können Sie bei der Gelegenheit checken, wie viel von den spanischen Erläuterungen Sie schon verstehen.) Aber es kommt noch schlimmer: bei der Bootsfahrt – auf das Ausflugsboot passen die Gäste aus drei Bussen. An Bord müssen Sie jetzt erst warten, bis Englisch und Spanisch vorbei sind, danach ertönt Deutsch. Für einen Ausflug, für den Sie 100% bezahlt haben, erhalten Sie jetzt nur 33% der Infos.

Mein persönlicher Negativrekord wird von der MSC Orchestra gehalten, die sich traute, zusätzlich zu Spanisch, Französisch und Englisch auch noch eine schiffseigene russische Reiseleiterin an Bord zu bringen, die der Meinung war, dass sie für ihre ein Dutzend russischen Gäste das Recht hatte, ein Drittel der Zeit für Ihre Durchsagen in Anspruch zu nehmen (es war wohl logisch, denn wir waren zu dritt: meine Kollegin machte Spanisch und Französisch, ich machte Englisch und Deutsch und dann blieb ein Drittel für sie). Ich fühle mich in solchen Situationen immer sehr unglücklich. Selbstverständlich möchte ich meinen deutschsprachigen Gästen 100% Informationen liefern, aber die Umstände machen es unmöglich! Ich kann hier nur sagen: Finger weg!
Weder Phoenix-Reisen noch Hapag Lloyd noch TUIMeinSchiff haben mich jemals für mehr als eine Sprache eingesetzt, hier sind Sie auf der sicheren Seite.

Kleines oder großes Schiff?
Eine der weiteren wichtigen Fragen ist die nach der Größe des Schiffes. Kleine Schiffe sind persönlicher und Sie lernen beim Handshake den Kapitän oft persönlich kennen. Auch der Kreuzfahrtdirektor oder die Kreuzfahrtdirektorin ist meistens irgendwo um die Ecke zu erreichen und kann kleinere und größere Probleme einfach und unkompliziert erledigen. Das Unterhaltungsangebot an Bord ist natürlich aber auch kleiner (wenn Ihnen das überhaupt wichtig ist). Aber vielleicht noch wichtiger ist der Liegeplatz des Schiffes: nur kleinere Schiffe passen in die traditionellen Häfen, die meist viel näher am Stadtzentrum liegen als der Industriehafen in der Vorstadt. Das trifft für die meisten Häfen in der Ostsee, und auch für Helsinki zu. Der Hafenmeister plant für die Kreuzfahrtschiffe den kommenden Liegeplatz, hier der Plan für die Saison 2019 in Helsinki: http://www.portofhelsinki.fi/en/passengers/international-cruise-ships
Um diesen Plan aber zu verstehen, müssen Sie etwas lokales Insiderwissen haben, was die Liste in Wirklichkeit bedeutet, auf Englisch gibt einen Überblick über die Liegeplätze auf: http://www.portofhelsinki.fi/en/passengers/international-cruise-ships/cruise-quays, aber ohne Lokalkenntnisse hilft Ihnen dieses auch nicht viel weiter.

Daher hier der Klartext, in Helsinki gibt es vier Kategorien von Liegeplätzen:

die Bentley-Klasse (verwendetes Kürzel: EKL): hier ist nur Platz für ein Schiff, es ist der Platz direkt neben dem Marktplatz und dem neuen Riesenrad, mit Blick auf den Weißen Dom (das Foto ist vom Deck der MS Amadea aufgenommen worden). Auch das Meeresschwimmbad Allas liegt gleich um die Ecke. Sie gehen vom Schiff und sind in drei Minuten auf dem Marktplatz. Hier liegen zum Beispiel die Schiffe von Hapag Lloyd (so eröffnet am 24.4.18 die Hanseatic hier die letzte Saison), am 30.5. die MS Amadea von Phoenix, aber auch die Berlin, die Astor und Astoria oder ein kleineres amerikanisches Kreuzfahrtschiff wie die Silver Spirit. Achtung für Aida-Gäste: nur die Aidacara passt hier rein, keine anderen Schiffe der Aida-Flotte!

die Mercedes-Klasse (verwendetes Kürzel: ERA oder seltener ERB): hier ist je nach Größe des Schiffes Platz für meistens nur ein, selten zwei Schiffe. Es ist der Platz neben den Viking Line-Fähren, der Gehweg zum Marktplatz ist zehn bis 15 Minuten. Sie liegen, wie auch die Schiffe am „Bentley-Kai“, im ältesten noch im Gebrauch befindlichen Hafen Helsinkis, dem Südhafen. Hier machen zum Beispiel die MS Artania und die MS Albatros von Phoenix (sie sind ein bisschen zu lang für den EKL-Kai), aber auch die Marco Polo fest. Der ERA-Kai erwischt manchmal ungünstige Windverhältnisse, weil er nicht ganz so geschützt liegt wie der EKL-Kai, daher muss man gelegentlich in den Industriehafen, das ist dann Pech.

die Volkswagen-Klasse (verwendetes Kürzel: LHA, LHB, LHC, ab 2019: auch LHD): Sie liegen in Hernesaari, um ins Zentrum zu gelangen, müssen Sie einen Fußweg von circa 40 Minuten einplanen. Hier liegen alle, die zu groß und zu lang sind, um in den Südhafen zu passen. Alle TUI-MeinSchiffs, alle Costas, alle MSCs und der Großteil der AIDA-Flotte. Leider gibt es den Bus ins Zentrum (die Haltestelle ist allerdings vom Schiff nicht zu sehen, Fußweg fünf Minuten dorthin), die 14, nicht mehr! Man muss jetzt ungefähr 15 Minuten zu Fuß laufen, bis man die Endhaltestelle der Straßenbahnlinie 6 erreicht. Die 6 bringt einen dann ins Zentrum (z.B. Haltestelle vor Stockmann, dem Kaufhaus oder die vorm Hauptbahnhof). Hernesaari war früher Industriehafen, wird aber jetzt in ein exklusives Wohnviertel umgebaut.

die Lada-Klasse (verwendetes Kürzel: LMA): Der Anleger Melkki, Teil des Westhafens, ist ab 2019 zum Glück Teil der Vergangenheit. Wo er war, werden jetzt neue Wohnviertel gebaut.

Außerdem zu bedenken: Natürlich spielt auch die Windrichtung eine Rolle. Bei ungünstigen Windverhältnissen können kleinere Schiffe manchmal nicht an ihren ursprünglich vorgesehenen Liegeplatz. Dann haben Sie Pech: in elf Jahren habe ich aber die MS Amadea nur zwei Mal an einem schlechten Liegeplatz gesehen.
Bedenken Sie, dass Sie durch einen schlechten Liegeplatz jeden Tag in der Regel mindestens eine Stunde an kostbarer Landgangzeit verlieren. Gerade bei kurzen Liegezeiten ist das wichtig! Und für die vielen aktiven Gäste, die gerne alles selbst zu Fuß erkunden: die Zehntausend Schritte (die Sie sich angesichts der Attacke des Chefkochs auf Ihre Linie für jeden Tag vorgenommen haben) macht man doch lieber im historischen Zentrum als im hässlichen Industriehafen!

Jedoch liegen in Helsinki alle Liegeplätze im Vergleich zu St. Petersburg ausgesprochen günstig! In St. Petersburg gibt es nur einen guten Liegeplatz: den Lieutenant-Schmidt-Kai und wenn der besetzt ist, dann müssen Sie in den Industriehafen, der beim Verkehr von St. Petersburg so gut wie immer eine Stunde Busfahrt von den Sehenswürdigkeiten entfernt liegt. Wann dieser Liegeplatz wieder von nichtrussischen Schiffen verwendet werden wird, liegt in den Sternen.

Nächste Woche geht es weiter mit Teil 2, dann geht es um einen Vergleich der Ausflugskosten und wie gut die verschiedenen Schiffe ihre Ausflüge organisieren – alles immer aus der Perspektive einer Fremdenführerin, die genau das seit elf Jahren verfolgt. Und auch noch ein paar Worte zum Umweltschutz. Nach Teil 2 sollten Sie so viel wissen, dass Sie bei der Wahl Ihres Kreuzfahrtschiffes eine fundierte Entscheidung treffen können.

(Der Artikel wurde am 4.5.2019 und 7.5. 2022 auf aktuellen Stand gebracht.)

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