Weihnachten in Finnland

Die Weihnachtssaison startet mit der Adventszeit. Allerdings ohne Adventskranz. Und am 6. Dezember kommt auch kein Nikolaus, sondern ganz Finnland sitzt vor dem Fernseher und beobachtet, wem der Präsident und seine Frau dieses Mal die Hand schütteln (siehe mein Blog Der Empfang zum Unab-hängigkeits-tag – der “finnische Opernball”).

 

Zeitpunkt für die Geschenke ist der 24. Dezember, also ganz ähnlich wie in Deutschland. Man hat einen Weihnachtsbaum, der in manchen Familien gerne mit Fahnenketten der nordischen Staaten oder auch nur der finnischen Flagge geschmückt wird.

 

Wenn man ganz traditionell Weihnachten feiert, dann geht das in Finnland so:

 

Vorm Fest geht man natürlich in die Weihnachtssauna, man will schließlich sauber sein. Und man brachte früher dem Saunatonttu, einem Art Schutzgeist, der über die Sauna herrschte, Essen und Trinken mit in die Sauna.

 

Früher dauerte Weihnachten in Finnland viel länger als heute:

Traditionell begann es mit dem Tag des Thomas am 21. Dezember und endete am Tag des Knuts (Nuutin päivä) am 13. Januar. Zusätzlich zum ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag wurde bis 1774 auch ein dritter Feiertag begangen, nämlich der Tag des Apostel Johannes am 27.12. und ein vierter, der Tag der unschuldigen Kinder, am 28.12. Das war aber schon König Gustav III. zu viel, weil nach Meinung der Adeligen und Bürger die Bediensteten durch die lange freie Zeit zu faul wurden.

Die finnische orthodoxe Kirche feiert übrigens Weihnachten genau zur gleichen Zeit wie alle Westkirchen.

Allerdings profitiert der finnische Einzelhandel sehr davon, dass nach der Weihnachtszeit aus dem benachbarten Russland die einkaufsfreudigen reichen Russen durch die späteren russisch-orthodoxen Weihnachtsferien dann nochmal für eine Belebung des Geschäftes sorgen.

 

Im Garten stellt man den Vögeln Getreidegarben zur Verfügung, eine Gewohnheit, über die im Mittelalter die Kirche nicht sehr froh war, weil sie ursprünglich auf den Glauben zurückgeht, dass die Ahnen als Vogelseelen (sielunlinnut) in den Vögeln weiterleben und ein Haus mit vielen Vögeln gesegnet war. Auch sollte das Füttern der Vögel im Winter im Sommer diese dazu bringen, die Ernte in Ruhe zu lassen.

 

Mittags am 24.12. verfolgt man live im Fernsehen – oder natürlich über das Internet (zu finden über die Mediathek des finnischen Rundfunks: https://areena.yle.fi/tv) die Verkündigung des Weihnachtsfriedens, die am Marktplatz von Turku stattfindet. Dort verkündet man seit 1320 jeweils um 12 Uhr den offiziellen Weihnachtsfrieden. Der Bürgermeister oder der für Protokollfragen zuständige Beamte der Stadt Turku verkündet vom Balkon des Rathauses aus den folgenden Text (zitiert von der Seite: http://www.finland.de/santaclaus/finn-weihnachtsfrieden-turku.htm )

 

„Morgen, so Gott vergönnt, ist unser Herren und Befreiers gnadenreiches Geburtsfest. Und so verkünden wir also hiermit den allgemeinen Weihnachtsfrieden, alle ermunternd, dieses Fest mit der angemessenen Frömmigkeit zu begehen sowie sich im übrigen still und ruhig zu benehmen, denn der, der diesen Frieden bricht und den Weihnachtsfrieden durch ungesetzliches oder unangemessenes Betragen stört, ist unter erschwerenden Umständen schuldig für die Strafe, die das Gesetz und die Verordnungen für ein jedes Verbrechen und Vergehen gesondert fest-setzen. Zum Schluss wünschen wir allen Bewohnern der Stadt einen freudigen Weihnachtsfrieden.“

Dieser Text ist seit Jahrhunderten derselbe, wird von einer Pergamentrolle abgelesen und sollte ursprünglich verhindern, dass das Feiern und Trinken während der seltenen freien Tage in Randalen endet. Doppelte Geldstrafen während der Festtage – zu entrichten an die Krone (Finnland gehörte bis 1809 zum schwedischen Königreich) und die Kirche gibt es allerdings seit 1889 nicht mehr.

Die Seite von Turku verschweigt allerdings, dass auch ein paar andere Städte diese Tradition übernommen haben, so zum Beispiel Porvoo, Naantali, Pori, Rauma, Tampere und Uusikaupunki.

 

Danach wird in vielen Familien der Weihnachtsbaum geschmückt, wenn man es nicht schon vorher gemacht hat.

 

Gegen Abend gibt es dann ein ausgiebiges Weihnachtsessen, das nach alter Tradition sogar über Nacht auf dem Tisch stehen bleibt. Das sollte dafür sorgen, dass sich auch die Ahnen in der Nacht bedienen konnten – und wenn man in der Nacht aufwachte, durfte man aufstehen und etwas essen gehen. Dazu wird heute nicht mehr geraten, da die Temperaturen in den alten Bauernhäusern in der Nacht fast einem Kühlschrank gleich kamen und die Speisen daher nicht so schnell verderben konnten.

Die Vorspeise beim Weihnachtsessen ist lipeäkala, Lutefisk (dänisch ludfisk oder ludefisk, deutsch ‚Laugenfisch‘, finnisch lipeäkala, norwegisch lutefisk, isländisch lútfiskur, schwedisch lutfisk), ein traditionelles nordisches Fischgericht. Es ist eine Weiterverarbeitung des Trockenfisches. Lutefisk ist in den nordischen Ländern ein typisches Weihnachtsessen. In Finnland und Schweden wird als Fisch dafür in 90% der Fälle der Leng (Molva molva) verwendet, während die Norweger dazu zu 90% Dorsch verwenden.

Ehrlich gesagt: ich kann diesem Fisch nichts abgewinnen. Er hat so gut wie keinen Geschmack mehr, weil bei der heutigen industriellen Herstellung Ätznatron benutzt wird, beim folgenden Kontakt mit Wasser entsteht ein gelatinähnliches Etwas, das mit Fisch nicht mehr viel gemeinsam hat. Sämtlicher Geschmack bei diesem Gericht kommt vom Würzen mit Pfeffer und einer überaus butterhaltigen Sauce. Aber alles ist bekanntlich eine Geschmacksache!

Wer dem Lutefisk nichts abgewinnen kann, hat bereits auf andere Fischspezialitäten umgeschwenkt: so werden häufiger verschieden eingelegte Heringe oder Lachs in verschiedenen Variationen gereicht: kalt oder warm geräuchert, oder Graved Lachs.

 

Das Hauptgericht besteht aus dem traditionellen Weihnachtsschinken, der stundenlang im Ofen geschmort hat. Die Beilagen sind Auflaufgerichte, die zusammen mit dem Schinken im Ofen zubereitet werden. Dabei gibt es den

Kartoffelauflauf (perunalaatikko)

Steckrübenauflauf (lanttulaatikko)

Karottenauflauf (porkkanalaatikko)

Leberauflauf (maksalaatikko)

Salat aus Rote Beete (rosolli)

 

Als Dessert wird traditionell ein süßer Reisbrei gereicht, in dem eine Mandel versteckt ist. Derjenige, der sie erwischt, soll im nächsten Jahr heiraten. Bevor man Reis hatte, war es übrigens ein Gerstenbrei.

 

Vor der Verteilung der Geschenke geht man dann noch an die Gräber der in der Familie Verstorbenen und zündet ein Licht für sie an. Die meisten folgen dieser Tradition nur noch, wenn man den Friedhof in gut erreichbarer Nähe hat. Es ist allerdings ein sehr schöner Anblick, wenn man die vielen Lichter im Schnee sehen kann.

 

Die Geschenke bringt der Weihnachtsmann, der natürlich vom Fjell Korvatunturi kommt. Da der Korvatunturi ganz nah an der russischen Grenze liegt, ist der Weihnachtsmann nach Rovaniemi, der Hauptstadt von finnisch Lappland umgezogen und empfängt dort das ganze Jahr Besucher. Aber auf finnisch heißt er gar nicht „Weihnachtsmann“, sondern

„Weihnachtsbock“, und verweist damit auf eine vorchristliche Tradition, die mittlerweile fast ganz verschwunden ist:

 

„Im ländlichen Finnland wurde noch bis in die Nachkriegszeit der Knutstag am 13. Januar durch Umzüge begangen, in denen ein maskierter Knutsbock (finnisch nuuttipukki), oft in Gefolge, von Haus zu Haus zog. Diese Gestalt war in Tierfelle gehüllt, bis zur Unkenntlichkeit maskiert und in der Regel auch gehörnt. Als eine Art früher Anti-Weihnachtsmann mit vorchristlichen, heidnischen Wurzeln war der Knutsbock vor allem furchteinflößend; er verteilte keine Geschenke, sondern bediente sich frech an allem, was im Hause vom Weihnachtsschmaus übrig geblieben war – nicht zuletzt an alkoholischen Getränken (…) Übrig geblieben ist von diesem Brauchtum aber nicht zuletzt der Name(nsteil) „-pukki“, Bock, denn der finnische Weihnachtsmann wird „joulupukki“ genannt (wörtlich: „Weihnachtsbock“, nicht: „-mann“; vgl. altnordisch: Jul/Wintersonnenwendfest). Der finnische „joulupukki“ ist heutigentags eine gutmütige, großväterliche Gestalt, die den weltweit bekannten Weihnachtsmann-Darstellungen folgt: weißer Bart, ein wenig dickbäuchig, in Rot gekleidet und mit Zipfelmütze.“ (aus dem Wikipedia-Artikel zum St. Knuts-Tag: https://de.wikipedia.org/wiki/St.-Knuts-Tag )

 

Zur strengen protestantischen Tradition gehört dann auch noch der Besuch der frühen Weihnachtsmesse am ersten Weihnachtsfeiertag, die manchmal schon um sechs Uhr früh gefeiert wird! Also nichts mit lange ausschlafen… Dieser Gottesdienst an Weihnachten war im Mittelalter verpflichtend, wer nicht da war, wurde später öffentlich dafür gerügt.

Aber natürlich feiert man immer mehr so, wie man es selbst für richtig und angenehm hält.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern meines Blogges „Hyvää joulua ja onnellista uutta vuotta“!

PS Die finnische Polizei hat es sich seit einigen Jahren zur Tradition gemacht, ab und zu den Bürgern mit einem Video frohe Weihnachten zu wünschen. Das Video vom letzten Jahr finde ich besonders gelungen, und man kann es verstehen, auch wenn man des Finnischen nicht mächtig ist. Viel Spaß!

 

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